DAW - Verfahren - Angstmessung |
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Zur Gewinnung von auswertbarem Sprachmaterial können natürliche Texte herangezogen werden oder, häufiger angewendet, standardisierte, monologartige Sprachproben erhoben werden. Die Mindestgröße des Textes für eine Analyse sollte nach Gottschalk & Gleser (1969) 80 Worte, nach Schöfer (1980) 100 Worte betragen. |
Diese Äußerungen werden aufgenommen und anschließend transkripiert, so daß immer geschriebene Texte als Material für die eigentliche Messung zur Verfügung stehen.
Dieses Material wird dann in Codierungseinheiten (in der Regel ein Satz), Kontexteinheiten (möglichst eng) und Auswertungseinheiten (die Gesamtheit eines Textes) zergliedert und die Wortanzahl des Textes bestimmt. Dann wird dieser Satz für Satz durchgegangen und anhand der Angstformen und ihres Auftretens codiert, wobei ein standardisiertes Codiersystem verwendet wird. Die genauen Regeln und insbesondere deren Ausnahmen können hier nicht dargestellt werden, sie sind sehr ausführlich und gut nachvollziehbar in Schöfer (1980) beschrieben.
Kategorie |
Beispiel |
Todesangst |
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a) bei dem Sprecher |
Bei meinem Herzinfarkt hatte ich Todesängste. |
b) anderen Lebewesen |
Er fürchtete, an seiner Krankheit zu sterben. |
c) unbelebten Objekten |
Das Auto hatte einen Totalschaden. |
d) Verneinung |
Ich habe keine Angst vorm Sterben. |
Verletzungsangst |
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a) bei dem Sprecher |
Ich hatte einen schweren Kieferbruch. |
b) anderen Lebewesen |
Sie blutete am Kopf. |
c) unbelebten Objekten |
Ich hatte einen Motorschaden. |
d) Verneinung |
Unser Haus blieb unbeschädigt. |
Trennungsangst |
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a) bei dem Sprecher |
Mein Vater hat uns verlassen. |
b) anderen Lebewesen |
Er hatte Angst, seine Frau zu verlieren. |
c) unbelebten Objekten |
Es war eine einsame Gegend. |
d) Verneinung |
Ich fürchte mich nicht vorm Alleinsein. |
Schuldangst |
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a) bei dem Sprecher |
Ich habe da einen großen Fehler gemacht. |
b) anderen Lebewesen |
Er war in seinem Dorf schlecht angesehen. |
d) Verneinung |
Er beteuerte seine Unschuld. |
Angst vor Scham/Schande |
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a) bei dem Sprecher |
Er hat mich nie für voll genommen. |
b) anderen Lebewesen |
Der Chef nannte ihn einen Versager. |
d) Verneinung |
Wider Erwartung wurde ich nicht ausgelacht. |
Diffuse Angst |
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a) bei dem Sprecher |
Ich war immer ein Angsthase. |
b) anderen Lebewesen |
Sie gerät sehr leicht in Panik. |
d) Verneinung |
Ich bin nicht ängstlich. |
Tabelle: Angstkategorien nach Gottschalk-Gleser und Beispieläußerungen aus Schöfer (1980)
Jede dieser Angstformen wird einzeln ausgezählt, so daß sechs Rohwerte vorhanden sind. Diese Rohwerte sind nicht die Anzahl der Auftretenshäufigkeiten, sondern die Summe der Gewichtungen, die sich wiederum ergibt aus dem Auftreten der Angst. So wird z. B. die Angst beim Sprecher mit 3 gewichtet, bei anderen Personen mit 2 und die Angst bei unbelebten Objekten oder die Verneinung und Verleugnung von Angst jedoch mit 1. Die erhaltenen Rohwerte werden nach folgender Formel für jede Kategorie zu sechs einzelnen Angstscores verrechnet:
Die Bestimmung eines Gesamt-Angstscores erfolgt nicht über die Addition der einzelnen Angstscores, sondern über die Formel:
Diese Scores können anschließend interpretiert und weiter ausgewertet werden. Für die USA liegen dafür bereits Normwerte vor (s. z. B. im Anhang von Gottschalk & Bechtel, 1993, oder in Gottschalk, 1995).
Der Zeitbedarf für diese Prozedur bei manueller Durchführung ist enorm, eine in dem Verfahren geübte Person braucht inkl. fünfminütiger Sprachprobenerhebung und Transkription etwa zwischen 30 min und 1 Stunde pro Text (Schöfer, 1980).
Trotz sehr ausführlicher Darstellung und Beschreibung in Gottschalk & Gleser (1969) oder in Schöfer (1980) sind zum sicheren und validen Beherrschen der Auswertungsmethodik eine gründliche Einarbeitung und viel Übung und Erfahrung vonnöten, Tschuschke (1996) geht z. B. von etwa 80 Stunden Trainigsbedarf für einen Kodierer aus. Die Kodierungen sind auch in jedem Fall vom Kodierenden (Persönlichkeit, Vorerfahrung mit der Analyse, Vorwissen über den Textproduzenten) abhängig. "Ein computerisiertes Scoring-System, welches auf diese inhaltsanalytischen Skalen zugeschnitten wäre, würde die Scoring-Probleme lösen." (Gottschalk, 1986, S. 37).