Straßburg, Aubette: Treppe zum Obergeschoß, Architekt: Theo van Doesburg, Farbgestaltung Hans Arp, aus De Stijl Nr. 87-89, Seite 15

Gestaltung durch Sophie Taeuber-Arp und Hans Arp

Ein großer Mangel bei der Bearbeitung war die dürftige Quellenlage zur Aubette. Hans Arp und Sophie Taeuber-Arp dokumentierten ihre Arbeit nicht. Die wichtigste Dokumentation sind die von Theo van Doesburg verfaßten und in De Stijl Nr. 87-89 als Aubette-Nummer veröffentlichten Artikel.

Diese Dokumentation weist mehrere erhebliche Probleme auf: Zum einen wurden die Artikel einzig und allein von Theo van Doesburg verfaßt. Eine Sichtweise der anderen beteiligten Künstler wurde nicht berücksichtigt. Insbesondere schweigt er sich über gemeinsam getroffene Entscheidungen und den Entwurfsprozeß bei von mehreren Künstlern gestalteten Räumen, wie zum Beispiel der Passage aus. Zweitens beschäftigt er sich fast ausschließlich mit den von ihm gestalteten Räumen, zu den Arbeiten der Arps existieren einige schwarz/weiß Abbildungen und wenige, eher abfällige Textpassagen. Drittens stellt er falsche Behauptungen auf: So stellt er fälschlich dar, daß er den Auftrag für den Umbau der Aubette von den Brüdern Heitz erhielt. Dabei war es Sophie Taeuber-Arp, die den Auftrag einbrachte. Sie gestaltete bereits vor den Arbeiten an der Aubette Aufträge der Bauherren am Hotel Hannong aus [Aubette, Seite 16].

Während im Ciné-Dancing Doesburgs Arbeit beim Umbau 1938 nur übergipst wurde, zerstörte man die Ausmalungen der Arps. Da diese Ausgestaltung nicht mehr vorhanden ist, läßt sich nur wenig über die Farbigkeit sagen.

Bei den von Hans Arp verwirklichten Raumgestaltungen dominieren amorphe Formen. Eine Ausnahme stellt das horizontal und vertkal gegliederte Treppenhaus zum Obergeschoß dar: Es erinnert an die von Oud im Ferienwohnheim für Arbeiterinnen "De Vonk" entworfene Treppenanlage, die ebenfalls einen blockhaften Handlauf besitzt. Dort gestaltete Theo van Doesburg den Fußboden. Während sich im Treppenhaus des Vonk die farbige Gestaltung durch den Maler auf die Fußbodenfliesen beschränkte, gestaltete Arp auch Wände und Handlauf. Dadurch wurde ein Aufbrechen des architektonischen Raums erreicht.

 
 
Sophie Taeuber-Arp: Aubette 127. projet pour le salon de thé au rez-de-chaussée, Gouache, 1927, aus: Aubette, Seite 36

Sophie Taeubers Arbeiten erinnern in ihrer Gestaltung mit ihrer Aufteilung in differenzierte rechteckige und quadratische Flächen an die Wandteppiche, die sie bereits vorher gestaltete.

Im Salon de thé, dem größten von ihr gestalteten Raum, setzt sie ein am Raum augerichtetes, orthogonales Gestaltungssystem ein. Dabei wechseln sich große, unbunte, in hellem oder dunklem grau gehaltene Flächen mit weißen, differenziert gegliederten ab. Diese sind in der für Sophie Taeuber-Arp typischen Art nochmals in rechteckige, rote, blaue, schwarze und graue Flächen unterteilt. Ähnlich der von Doesburg gestalteten Räume wurden die großen Flächen durch weiße und silbrige Streifen getrennt [Aubette, Seite 21]. Diese orientierten sich im Gegensatz zu Doesburg aber an den zwei Säulenpaaren, durch die der Raum in drei Teile gegliedert wird.

Die bunten Flächen zwischen den unbunten wirken
"wie schnelle Rhythmen innerhalb eines langsamen Rhythmus"
Theo Wolters, zitiert von Anne de Bardzki-Granon, op. cit., 1986, Seite 101, in: Aubette, Seite 20

Die unbunten Flächen werden zu einem gleichberechtigten Gestaltungselement, da sie durch die Rhythmisierung eine Spannung zu den bunten Flächen Flächen aufbauen [].

Eine Freundin Sophie Taeuber-Arps, Emmy Ball-Hennings schildert den Raumeindruck der Aubette:


"Die Wände, bedeckt mit Malereien, geben die Illusion von weiten, schier unabsehbaren Räumen. Die Malerei schafft hier dem Besucher Träume, sie regt die Tiefen in uns an. Das Haus kann zum Wunder- zum Reliquienschrein werden und man kann es mit immer neuen Augen betrachten. Und da an sich das Bild sich nicht verwandelt, ist es der Betrachtende, der sich vom Bild verwandeln läßt. Es ist als besäßen wir Aladins Wunderlampe, mit der er die Märchenräume, ein Zauberschloß erhellte."
Emmy Ball-Hennings in: Zweiklang, Zur Erinnerung an Sophie Taeuber-Arp



 
 



 
Martin Sommer, 6. Nov. 2002 < Planungsgeschichte ^ > Farben