Gravitationsdiagramm


Rietveld-Schröder Haus, Süd-West Fassade

Parallelen zur Malerei

Oft wird das Rietveld-Schröder Haus als das Beispiel für den Einfluss der Malerei auf die Architektur der Moderne genannt und als ?Mondrian-Haus? bezeichnet. Diese Sichtweise ist zu einfach, denn auch wenn gewisse Parallelen zwischen Gemälden von Mondrian und der Fassade zur Prins Hendrik Laan festzustellen sind, darf man hier nicht zu schnell von einer wörtlichen Übersetzung von Gemälden in Architektur sprechen. Vielmehr wurde beides nach den gleichen Idealen entworfen und weist deshalb Ähnlichkeiten auf.

Die Art und Weise, wie in der Malerei Dinge betrachtet und abgebildet werden, hat sich ständig weiterentwickelt und verändert. In der Renaissance wurden die Dinge in sehr realistischen Perspektiven abgebildet. Das ?optische Gewicht? der Dinge wird deutlich, die Gegenstände stehen, durch Gravitation angezogen, auf dem Boden. Das gibt dem Bild eine eindeutige Richtung, es existiert ein klares Oben und Unten und es würde sofort auffallen, wenn das Bild gedreht aufgehangen wird.

In der kubistischen Malerei werden die Gegenstände freier arrangiert und aus verschiedenen Sichtweisen betrachtet. Trotzdem sind die Darstellungen immer noch dreidimensional, was den Gegenständen ein optisches Gewicht verleiht. Dadurch werden sie ?nach unten gezogen? und das Bild erhält eine eindeutige vertikale Ausrichtung.

Erst bei De Stijl wird den dargestellten Dingen die Dreidimensionalität genommen durch Abstraktion zur zweidimensionalen Fläche oder der rein mathematischen Konstruktion. Dadurch geht das optische Gewicht und somit die vertikale Ausrichtung des Bildes verloren, es befindet sich im Gleichgewicht. Ähnlich diesem Prinzip hat Rietveld die ?aumasse des Gebäudes in Flächen und Linien aufgelöst und damit, wie Mondrian in seinen Gemälden, ein Gleichgewicht hergestellt.


"The visually weightless elements of the house, independent of a gravitational pull, are suspended in a state of equilibrium with no greater pull in any one direction. And from a visual point of view a Mondrian of the ?20?s and the south-west façade of the Schröder House can exist in any position."
( Brown, Seite 62 )






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Martin Sommer, 4. Nov. 2002 < Einordnung in die Zeit der Moderne ^ > Übersicht